Das Aus für den Sonderfall Schweiz?
Oktober 2025 – Schweizer Unternehmen stehen derzeit unter Druck: Auf Exporten in die USA lasten erhöhte Zölle, der Franken hat in den letzten sieben Jahren gegenüber Euro und US‑Dollar über 20 % aufgewertet, und die vertraglichen Beziehungen zur EU als wichtigster Handelspartnerin bleiben unklar. Die SNB hat in diesem Umfeld ihre BIP‑Prognose für 2025 um 0.5 Prozentpunkte auf 1–1.5 % gesenkt und erwartet für 2026 nur noch knapp 1 % Wachstum. Der lange beschworene «Sonderfall Schweiz» gerät damit ins Wanken. Was bedeutet das für Investitionen in Schweizer Aktien?
Home Bias – und die impliziten Tilts (Gesundheitswesen/Basiskonsum & Mid/Small Caps)
Schweizer Anleger übergewichten ihren Heimmarkt deutlich. Obwohl die Schweiz im globalen Aktienuniversum (MSCI ACWI) nur rund 3 % der Marktkapitalisierung stellt, halten private Schweizer Investoren im Schnitt etwa 42 % ihres Aktienvermögens in Schweizer Titeln – ein klarer Home Bias*.
Auch institutionell ist die Heimlastigkeit sichtbar: Per Ende 2024 entfielen bei Schweizer Pensionskassen im Durchschnitt 10.5 % des Gesamtvermögens auf Aktien Schweiz und 20.9 % auf Aktien Welt; damit machen Schweizer Aktien rund ein Drittel der Aktienquote (≈ 33 %) aus**.
Wer die Schweiz gegenüber einer globalen Indexallokation übergewichtet, nimmt damit faktisch zwei Tilts in Kauf:
- Sektor-Tilt in Richtung Gesundheitswesen (im SPI 33.4 % vs. 8.5 % im MSCI World ex Switzerland per 30.09.2025) sowie zusätzlich ein Übergewicht Basiskonsumgüter (SPI 14.0 % vs. 5. 2 %), primär getrieben durch die Schwergewichte Nestle, Novartis und Roche.
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Grössen-Tilt hin zu Mid/Small Caps: Abseits der drei Megacaps ist der Schweizer Markt stark von mittelgrossen und kleineren Unternehmen geprägt – eine Struktur, die sich in heimlastigen Portfolios entsprechend niederschlägt.

Zwischenfazit: Schweizer Anleger sind heimatlastig, sektorseitig (Gesundheitswesen/Basiskonsum) und grössenbezogen (Small/Micro) übergewichtet. Hat sich das historisch ausbezahlt?
Sonderfall Performance Schweiz
Kurzantwort: Nein. Über die letzten zehn Jahre blieb die Schweiz hinter globalen Aktien (mit Währungsabsicherung in CHF) zurück. Seit der Inflationsphase ab 2022 hat sich der Rückstand akzentuiert – kumuliert beläuft er sich inzwischen auf rund 50 %.

Ein wesentlicher Treiber: die Sektorallokation. Das hohe Gewicht im Gesundheitswesen und bei Basiskonsumgütern hat in den vergangenen Jahren etwa die Hälfte des Rückstands verursacht. Dies wird deutlich, wenn man die drei prominenten Vertreter dieser beiden Sektoren, Nestle, Novartis und Roche aus dem Index ausschliesst (siehe Abbildung 4).

Die Minderrendite von Nestle, Novartis und Roche lässt sich teilweise durch ein tieferes Gewinnwachstum je Aktie erklären.

Ein weiteres Argument, welches die tiefere Rendite von Aktien Schweiz erklärt: Die Schweiz weist (abgesehen von Logitech) kaum Tech‑Exposure auf – in einer Dekade, in der Technologie global der dominierende Performance‑Treiber war.
Ausblick für Schweizer Aktien
Um auf Basis der heute bekannten Ausprägungen des Schweizer Aktienmarktes eine Aussage über dessen Zukunft machen zu können, bedarf es einer Einschätzung zum Gesundheitssektor und zum Small-Cap-Faktor.
Der Gesundheitssektor blickt einer ungewissen Zukunft entgegen. Pharmaunternehmen sehen sich mit Forderungen von US-Präsident Trump nach Preissenkungen konfrontiert. Ob diese durchgesetzt werden können und in welchem Ausmass die Geschäftsmodelle der Pharma betroffen sein werden, ist schwer abschätzbar. Die längerfristigen Aussichten für den Gesundheitssektor sind hingegen alles andere als düster: Einige Studien belegen für Gesundheitsausgaben eine Einkommenssensitivität von über 1. Dies bedeutet, dass bei einer Steigerung der Einkommen um 1 % die Gesundheitsausgaben um mehr als 1 % steigen. In einer Welt mit positivem Wirtschaftswachstum wächst der Gesundheitssektor im Schnitt somit stärker als die breite Wirtschaft. Bei diesen grundsätzlich positiven Aussichten für den Sektor als Ganzes darf jedoch nicht vergessen gehen, dass mit dem Kauf des Schweizer Aktienmarktes sich die Wette mit Novartis und Roche auf gerade einmal zwei Exponenten dieses breiten und vielschichtigen Sektors reduziert. Gesundheit als Thema kann intelligenter umgesetzt werden als mit einem SPI-Indexfonds.
Der Small Cap-Faktor sollte gemäss Literatur eine positive Zusatzrendite abwerfen. Der Grund für diese Prämie liegt in der höheren Ineffizienz und Illiquidität dieses Marktsegments. In der Literatur ist der Faktor gut dokumentiert; es gibt jedoch Einschränkungen: AQR zeigt in einer Studie auf, dass der Small Cap-Faktor nur nachweisbar vorherrscht, wenn bei der Aktienselektion zudem Qualitätskriterien berücksichtigt werden. Also gilt auch hier, dass einige zusätzlichen Überlegungen erforderlich sind, um eine erfolgreiche Selektion vornehmen zu können und eine Abdeckung über einen Indexfonds wenig hilfreich ist.
Take Aways
Bei aller Liebe für den Heimmarkt müssen die Prinzipien der Diversifikation hochgehalten werden. Vor 10 Jahren stand der Anteil der drei Schwergewichte Nestle, Novartis und Roche am Schweizer Aktienmarkt bei knapp 50 %; heute sind es noch gerade 40 %. Weniger problematisch, aber angesichts der unterdurchschnittlichen Gewinnwachstumsraten dieser drei Unternehmen nicht unproblematisch. In der Folge drei mögliche Rezepte: Diversifikation priorisieren, Home Bias reduzieren und eine globale Aktien-Allokation stärkt das Risikobudget.
- Marktgewichtung überdenken. Faktoren ausbalancieren (Sektor/Grösse/Qualität), statt den SPI passiv zu replizieren.
- Gezielte Lösungen nutzen. v.FISCHER INVESTAS bietet passende Bausteine – etwa einen Inland‑Basket oder den Equal‑Weighted‑100‑Fund. Wir erläutern diese Lösungen gerne persönlich.
* UBS Chief Investment Office, 12.03.2024
** PPCmetrics, Pensionskassen-Jahrbuch 2025



